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Mittwoch, 12. April 2017

Sex mit Mandant

Die Vorschrift des sexuellen Mißbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses nach § 174c StGB schützt lediglich die sexuelle Selbstbestimmung von Patienten, die sich durch Krankheit oder Behinderung in ein Beratungsverhältnis begeben und damit jedenfalls nicht Mandanten eines Anwalts, die sich in schwierigen Lebensumständen befinden und damit durchaus auch schutzbedürftig sein können.

Wenn sich also ein Rechtsanwalt bei der Aufnahme einer intimen Beziehung mit einer Mandantin bewusst zunutze macht, dass sich seine Mandantin in einem psychisch angeschlagenen Zustand befindet und ihr persönliches Geschick von seinen anwaltlichen Fähigkeiten abhängt, macht er sich nicht strafbar. Was einem Arzt oder Psychologen verboten ist, darf sich ein Rechtsanwalt straflos erlauben, denn eine besondere Schutzbedürftigkeit von Mandanten sieht der Gesetzgeber offenbar nicht. Nun gibt es im Betreuungs- und Psychiatrierecht viele Situationen, in denen der Mandant wegen einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht selbst regeln kann und deshalb auf die unterstützende Hilfe des Anwalts angewiesen ist.

Auch im Familienrecht gibt es zahlreiche Konstellationen in denen ein Anwalt die labile Situation eines Mandanten für eigene sexuelle Bedürfnisse ausnutzen kann und wenn ich den Worten eines befreundeten Fachanwalts für Familienrecht trauen kann, werden auf Fortbildungen im Familienrecht zahlreiche Heldengeschichten zum Besten gegeben, was die überobligatorische Betreuung der weiblichen Mandantschaft angeht. Zwar darf sich ein Anwalt nach § 43a Bundesrechtsanwaltsordnung nicht unsachlich verhalten und ist insbesondere zur Verschwiegenheit verpflichtet. Allerdings bezieht sich diese Pflicht nicht auf Tatsachen, die ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen und dies sollte auf anonyme Bettgeschichten aus Mandatsverhältnissen durchaus zutreffen.

Ein Blick über den großen Teich zeigt, dass die kalifornische Rechtsanwaltskammer erst im März 2017 neue Regeln eingeführt hat, die den Sex zwischen Anwalt und Mandant bis auf wenige Ausnahmen sanktionieren, wie das in mehr als zwölf anderen Bundesstaaten bereits vorher der Fall war. Unvergessen ist in den USA der Fall der Rechtsanwältin Marianne Marxkors und ihres Mandanten Reginald Powell. Die unerfahrene Pflichtverteidigerin machte nach eigenen Worten ihre nach Übernahme des Mandats begonnene Liebesbeziehung für die Ablehnung des Angebots der Staatsanwaltschaft, im Fall eines Geständnisses lediglich lebenslange Freiheitsstrafe zu beantragen, verantwortlich. Sie verfehlte ihr Ziel, die Verurteilung ihres Geliebten für vorsätzliches Töten zu verhindern und Powell wurde am 25. Februar 1998 durch eine Giftspritze hingerichtet.

Vielleicht sollten sich Anwälte und Mandanten hierzulande an einer Weisheit orientieren, die ich einer interessanten Diskussion über das Für und Wider von Sex zwischen Anwalt und Mandant entnommen habe: "Seriöse Anwälte sind in der Regel verheiratet, haben Familie, kennen ihr Metier und gefährden ihren Ruf nicht mit Bettgeschichten unter ihrem Niveau."