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Dienstag, 5. September 2017

Nazi-Schlampe

Nachdem am Sonntagabend die beiden obersten Langweiler von CDU und SPD telegen belegen konnten, dass sich auch in der kommenden Legislaturperiode nichts wesentliches ändern soll, hatten gestern fünf Strampler um Platz drei im Fernsehen die Gelegenheit, einigen weiteren Parteigenossen mittels möglichst gelungener Selbstdarstellung den Weg ins Diätenparadies zu ebnen. Am meisten hat mich dabei der Auftritt von Dr. Alice Weidel (AfD) interessiert, weil sie sich vor einigen Monaten im NDR von extra3-Moderator Christian Ehring als "Nazi-Schlampe" bezeichnen lassen musste und Jan Böhmermann vor 2 Tagen via Twitter noch behauptet hatte, dass in 21 Tagen "zum ersten Mal seit Kriegsende wieder die Nazis im deutschen Parlament sitzen". Da hatte Böhmermann wohl die Liste ehemaliger NSDAP-Mitglieder, die nach Mai 1945 politisch tätig waren, gerade nicht zur Hand.

Derartige Beißreflexe von Journalisten machen mich jedenfalls stutzig und die öffentliche Intoleranz gegenüber politisch Andersdenkenden führte in meinem Fall dazu, bei der angegriffenen Person genauer hinzusehen. Um die abgeschwächte Nazi-Schiene kam dann auch Linken-Frontfrau Sarah Wagenknecht im TV-Fünfkampf nicht vorbei, als sie gegenüber Dr. Weidel mit dem Hinweis auf "handfeste Halbnazis" in der AfD punkten wollte. Immerhin stellte Frau Wagenknecht Dr. Weidel das bemerkenswerte Zeugnis aus, mit ihren Meinungen durchaus Teil des demokratischen Diskurses zu sein.

Ähnlich sah dies übrigens auch das Landgericht Hamburg in seinem Beschluss vom 11. Mai 2017 zum Az.: 324 O 217/17, welches die Bezeichnung "Nazi-Schlampe" in einem satirischen Kontext deshalb für zulässig hielt, weil dem Zuschauer bewusst sei, dass Frau Weidel weder hinter dem Leitbild des Nationalsozialismus stehen würde noch einen Anlass für die Bezeichnung als „Schlampe“ gegeben hätte und sich die Reaktion des Moderators einzig auf die Forderung der AfD-Spitzenkandidatin bezogen hätte, dass die politische Korrektheit auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen sei.

Als Fazit des TV-Fünfkampfs lässt sich festhalten, dass die plumpe Diffamierung politischer Gegner als "Nazi" aus taktischer Sicht jedenfalls dann ein schwerer Fehler ist, wenn die so angegangene Partei den pauschalen Angriff allein schon durch den souveränen Auftritt ihrer Spitzenkandidatin mit Leichtigkeit kontern kann. Auch die unmissverständliche Koalitionsabsage aller anderen Parteien an die AfD wird bei den Wählern angesichts der weit verbreiteten Unzufriedenheit mit der aktuellen politischen Situation in Deutschland dazu führen, erst Recht AfD zu wählen. Denn die damit von den Altparteien deutlich erklärte Distanz der AfD zum althergebrachten Parteiengeschacher und der damit einhergehenden Betonung mangelnder Verantwortlichkeit für die derzeitige Lage in Deutschland macht sie als Oppositionspartei noch deutlich attraktiver.